LEBENSLAUF

Gründung

Am 2. Juli 2012 hat der Vorstand der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie (SGS) auf Antrag einer Gruppe von Mitgliedern der Gesellschaft aus den Universitäten Lausanne, Genf, Basel und Zürich sowie der Fachhochschule Freiburg für Soziale Arbeit die Gründung eines Forschungsausschusses zum Thema Lebensverlauf genehmigt.

Die Lebensverlaufsperspektive hat sich seit den 1980er-Jahren als besonders dynamisches Forschungsfeld etabliert. Sie entstand aus der Erkenntnis, dass synchronische Ansätze nicht ausreichen, um die Komplexität menschlicher Lebensverläufe zu erfassen. Stattdessen konzentriert sich diese Perspektive auf fünf zentrale Dimensionen interindividueller Variabilität: die Kontextualisierung von Leben in Raum und Zeit, die Bedeutung des Timings von Lebensereignissen, die Dynamik wechselseitiger Lebensverflechtungen sowie die Intentionalität der Akteure.

Dieser Perspektivwechsel hat dazu geführt, dass der Fokus der Forschung sich zunehmend von starren sozialen Strukturen – wie Familie oder Arbeit – hin zu individuellen Lebensverläufen und den sich im Laufe der Zeit wandelnden sozialen Beziehungen verschoben hat. Menschen werden nicht mehr nur als Träger sozialer Rollen betrachtet, sondern als Akteure in beweglichen sozialen Konfigurationen.

Zur Analyse dieser Komplexität sind geeignete konzeptionelle Werkzeuge unerlässlich. Sie helfen dabei, die klassische Trennung zwischen Individuum und Gesellschaft zu überwinden und ihre dynamischen Wechselwirkungen zu beleuchten. Die Lebensverlaufsperspektive ermöglicht so ein transversales Forschungsprogramm, das verschiedene soziologische Bereiche (Familie, Arbeit, Mobilität, Migration, Gesundheit usw.) in einem gemeinsamen analytischen Rahmen verbindet.

Schließlich erfordert dieser Ansatz Methoden, die auf die zeitliche Dimension sozialer Phänomene abgestimmt sind. Sequenzanalysen, Netzwerkanalysen und Mixed-Methods-Ansätze erweisen sich dabei als besonders geeignet, um die Vielfalt individueller Lebensverläufe zu untersuchen.

Der Forschungsausschuss hat sich zum Ziel gesetzt, den interdisziplinären Dialog zur Lebensverlaufsperspektive zu fördern und zu beleben. Durch den Austausch zwischen Forschenden aus unterschiedlichen Disziplinen sollen innovative Kooperationen entstehen und gemeinsame Forschungsprojekte angestoßen werden.

Über die disziplinäre Öffnung hinaus setzt sich der Ausschuss für den Austausch von Methoden, die gemeinsame Nutzung analytischer Werkzeuge und die Entwicklung integrativer Ansätze ein. Ebenso wird die breite Dissemination der Forschungsergebnisse angestrebt – sowohl im akademischen Bereich als auch in der Öffentlichkeit –, um die Relevanz dieser Perspektive für das Verständnis gesellschaftlicher Wandlungsprozesse sichtbar zu machen.

Alle Personen, die sich für die Themen und Ziele des Forschungskomitees interessieren, können sich gerne an die unten angegebene Kontaktperson wenden.

Julia Sauter

Université de Lausanne
LIVES-ISS
Bâtiment Géopolis
1015 Lausanne

Email: lifecourse@sgs-sss.ch

Die folgenden Forscherinnen und Forscher haben die Gründung des Forschungskomitees zum Thema Lebensverläufe unterstützt.